Balkan diesmal

Donnerstag, 24. Juli 2008

Sehr geehrter Pfarrer Kopic!

Ich bedanke mich nochmals sehr herzlich für die kompetente Führung durch die Stadt und auch für die Begegnungen mit den Menschen dieser Stadt. Es ist gut und beispielhaft für Europa, zu sehen, wie die Angehörigen dreier Religionen trotz des noch nicht allzulang zurückliegenden Krieges friedlich zusammen leben. Natürlich hat sich das Erscheinungsbild des moslemischen Lebens stark gewandelt. Aber ich denke, dass man von der Arroganz anderer islamischer Länder wie der Türkei gegenüber den Christen doch weit entfernt ist, jedenfalls, was die offizielle Administration betrifft.

Aber die Gleichbehandlung der Religionen ist doch eine Herausforderung und ein Balanceakt. So wird z.B. die katholische Kirche von Jugendlichen belagert und leider auch immer wieder verschmutzt, die Gottesdienstbesucher behindern und anpöbeln, während das vor der islamischen Moschee undenkbar wäre. Auch die Beschriftung der Domkirche ist leider noch immer fehlerhaft, was vor den vielen Touristen mit ihren Reiseführern peinlich sein muß.
Andererseits habe ich gesehen, dass in der Bibliothek in der islamischen Fakultät auch Bibeln vorhanden sind, wie ja auch der Koran selbstverständlich an der katholisch-theologischen Universität greifbar ist. Vielleicht sollte man auch dafür sorgen, dass es zeitgenössische Kommentare gibt, um den Studenten das vorurteilslose Herangehen an die andere Religion in ihrem heutigen Selbstverständnis zu ermöglichen.

Jedenfalls ist Sarajevo eine wunderbare Stadt mit reicher Kultur und Geschichte, und es ist zu hoffen, dass diese Tradition auch unter wechselnden Bedingungen weiterlebt.
Ich wünsche Dir, lieber Herr Pfarrer, weiterhin so guten Zugang zu den Menschen dieser Stadt, besonders den Blinden, und grüße herzlich Dich und all jene, die ich kennengelernt habe!

Kinder benützen die Stufen der Kathedrale

Mittwoch, 9. Juli 2008

Zur Transformation des Katholischen

DSC00355

Wenn ich sonntags durch die Strassen meines Pfarrgebietes gehe, begegne ich vielen mir vom Sehen bekannte Menschen, im Cafe, mit dem Hund, beim Joggen, und sie alle haben es nicht eilig, in die Kirche zu kommen. Die koennen nicht alle evangelisch sein.

Der Pfarrer, der durch Sarajevo schreitet, trifft lauter Moslems, von denen er frueher dachte, dass sie ungebildet und im jugoslawischen Sinne saekular waeren. Stattdessen begegnen ihm heute urbane Akademiker, von denen sich viele wieder ihrer Religion besinnen, und sie bestimmen das Stadtleben; der Pfarrer mit seiner kleinen, ueberalterten Katholikenschar ist ins Hintertreffen geraten.

In beiden Gesellschaften ist das Christliche marginalisiert, einmal durch den jahrhundertelang aus der europaeischen Kultur erwachsenen, heute immer wieder intoleranten Saekularismus, in dem auch der Hass auf das Christentum artikulierbar wird - zum anderen durch die von der Nachkriegsordnung beguenstigte Dominanz der bosnischen Muslime mit ihrem importverstaerkten neuen religioesen Selbstbewusstsein.

Gleich ist uns beiden, dass es Zeit wird, mit der veraenderten Situation etwas anfangen zu koennen, statt die Entwicklungen zu ignorieren oder zu betrauern.
Man sollte sich den Anfang nicht aus der Hand nehmen lassen...

Freitag, 31. August 2007

Wellenreiter

Das Schlingen der Wellen, die nachts zwischen den Inseln hin- und hergeworfen werden, das du fuehlst durch die Holzbank am Oberdeck, auf die du dich gekauert hast, und das du noch im Kaffeehaus spuerst neben dem Bahnhof, nach einem ganzen Tag ueber allen Wassern zwischen Dubrovnik und Rijeka, dieses Rollen und Schieben der Kraefte hat sich fortgesetzt im Fruehstueckskaffee, sodass du nachher beim Barbier kaum ruhig sitzen kannst und den Kopf hinhalten, und es dich beim Gang durch die neuerliche venezianisch-habsburgische Stadt in den Beinen zieht und dreht, die wieder von richtigen Stadthaeusern gerahmten wellenfoermigen Strassen hinauf und hinunter, und du immer noch eigentlich dich in Triest angekommen waehnst, ein Schwanken also auch in diese Richtung/

und was war denn das anderes zuletzt, schon als der Schaffner sich neben mich setzte und meine Nachbarn, portugiesische Studenten, als Terroristen bezeichnete, und sodann alle Kroaten, sich selbst aber als Cetnik, und ausserdem ein wenig verrrueckt, und mit den Augen dazu rollte, dass ihm keiner widersprechen wollte,
und erst recht, als wir ausstiegen und sofort von alten Damen umringt waren, die ihre Gaestezimmer in hohen Toenen und im besten Englisch anpriesen, waehrend oberhalb der Haeuser schon ein Buschfeuer wuetete, das mich spaetestens haette misstrauisch machen muessen, ich mich aber dennoch schliesslich einfangen liess und ihr folgte, bis ich, nach Stunden der Stadtbesichtigung, wieder unter Gebruell hinausgeworfen wurde, weil ich den inzwischen verdoppelten Preis nicht zahlen wollte, und als ich, den Rucksack wieder umgeschnallt, wiederum durch die Stadt trabte, schien es mir, als waeren alle alten Maenner der Stadt ein- und derselbe, denn alle blickten mich gleich vorwurfsvoll und verstaendnislos an und sahen dabei auf die Uhr, wie lange ich wohl noch hier bliebe/

trotz vieler Fehlleitungen erreichte ich doch die Jugendherberge und bekam ein Bett neben 6 anderen, mit stinkendem Gewand ueber den Boden verstreut, aber die Mitbewohner kamen erst nach und nach einzeln schweigend, nach Mitternacht, waehrend eine ganze Schar von Schuelern, Maedchen und Buben, um 1/2 1 unter lautem Geschrei, Gelaechter und Tuerknallen in die Nebenraeume einzog, bis ich wutentbrannt in der Unterhose hinueberlief und sie auf Englisch zurechtwies, bis die Kinder ruhig wurden und die Betreuer betreten zu Boden sahen oder ins Leere, auch am naechsten Tag noch, beim Fruehstueck/

und das Schiff selbst wie ein Jahrmarkt, eine Buehne fuer skurrile Gestalten, die unter der Sonne aufzogen und sich da und dort niederliessen, in deutschen und amerikanischen Toenen zumeist, beginnend bei jenem aelteren deutschen Paar, das sich neben meinem Rucksack aufgepflanzt hatte, als ich eine Wasserflasche holen war, und mich von der Bank weisen wollte, junger Mann, hiess es, bis zu den finnischen Burschen und Maedchen, die, auf Matten am Eisenboden gelagert, lautlos Karten spielten, oder jener jungen Frau, die auf der Nebenbank las wie ich, und deren kleine Tochter mit grosser Anteilnahme die Vorgaenge am Schiff beobachtete, die aber, als ich sie bat, meinen Rucksack zu beobachten, nicht einverstanden war, wie auch jenes freundliche Paar gegenueber, die sich zwar bereit erklaerten, aber nach 10 Minuten im Speisesaal gegenueber von mir Platz nahmen mit derselben freundlichen Mine wie zuvor, und mich also wiederum preisgegeben haben, was fuer ein Tag/

und wenn du Mutter und Toechterchen nocheinmal am Bahnhof, zum Fruehstueck und dann auch noch in der Kirche wiedertriffst, ohne dass ein Wort gesprochen wird, dann siehst du, dass du, den Kraeften des Grundes ausgesetzt, wohl allein bestehen musst, auch im Taumel der Heimkehr

Mittwoch, 29. August 2007

am Grunde

Angefangen hat alles damit, dass einige dieser wunderlichen Pflanzen mit den weiss/gelb/braungestreiften fleischigen Blaettern, ewigen Gezeiten ueberlassen, mit einemmal ueber den bemoosten Stein zu laufen begannen, mit Krabbenbeinen, oder vielmehr, wie die winzigen schlanken gruenen Fischlein ploetzlich alle in die Luft springen wollten, als haette sie ein tiefer Impuls zum Uebertritt der Dimensionen veranlasst, welchen ich nicht allzutief unter ihnen vermutete, vielleicht in den eigensinnigen Burschen, die bei uns Streifen- oder Sonnenbarsche gewesen waeren, die ihre Ufersteine verteidigten. Aber auch diese aehnelten eher Krokodilen, da sie sich am Boden aufpflanzten, als wuerden sie auf 4 Beinen stehen und grimmig eine Stelle vor ihnen fixieren, als kaeme gerade um diese Ecke die naechste Beute. Ich weiss nicht, ob es dieselben waren, die, wenn sie doch einmal um den Stein herum jagten, sich immer wieder auf den Boden warfen, es schien wie seitlich, und dann immer mich aus dem Wasser heraus beobachteten, genauso wie es meine Katze tut, wenn sie schlechtes Gewissn hat oder Hunger, oder beides.
Ich will gar nicht von den biegsamen Laengsgestreiften reden, die gelassen die Raeume erkunden, oder von jenen Gruenlich-grauen mit den glatten Baeuchen, die in Gruppen weiter draussen vorbeizogen: und ein solcher war es, der die armen Kleinen zu ihren wahnwitzigen Todesspruengen veranlasst hatte, ich wurde Zeuge einer solchen flitzenden Jagd ueber die Ufersteine hinweg, ich weiss nicht ob aus Hunger oder Schadenfreude, und, als sich das Wasser wieder beruhigte, sah ich noch diese leuchtend Roten, die, ein wenig zusammengerollt, im Moos sassen wie auf Ellbogen gestuetzt, immer wieder an der gleichen Stelle, als wollten sie sich sonnen, und leuchteten dabei wie ein Schleimpilz oder ein giftiger Frosch.
Ich habe kein Wort von den Seeigeln erwaehnt, die ich drueben gesehen hatte, wo die Leute baden, um meine Eltern nicht zu beunruhigen, oder die Mattschwarzen, die dann und wann vorbeischaukeln wie sonntaegliche Messbesucher, oder gar diese ganz silbrigen Wesen, die fast unbeweglich flach am Stein liegen, die Tropfenform scharf schwarz eingerahmt und im Brennpunkt ein dunkles Fleckchen, weil ich mir vorgenommen habe, nur solange hier zu bleiben, bis mein Handtuch trocken waere, nachdem ich fruehmorgens, noch ohne das Geschnatter der vereinzelten Badegaeste oder der ersten Bumm/Tschimm-Klaenge aus den allmaehlich erwachenden Nachtlokalen wie ein Tiger lautlos ueber all das hinweggeglitten bin, ohne mich um diesen Tiergarten zu kuemmern, und eine Spur gezogen habe hinueber zum entferntesten Badeplatz auf der anderen Seite, und bald zur Pension zurueckzukehren, alles fertig zu machen und das letzte Stueck nach Dubrovnik zu fahren, dem letzten Ziel meiner verzweigten Reise mit den Abenteuern, die im Grunde geschehen, wo man sie kaum sehen kann/

denn hier bin ich gestrandet, wo mich keiner mehr mitnehmen wollte, da ich vom Berg der Muttergottes kam, bestiegen mit blossem Oberkoerper in der Mittagssonne und im Bewusstsein, dass ich wohl wuesste, was ich sie fragen wuerde, sollte sie mir erscheinen, denn immerhin ist es jetzt dazu gekommen, dass ich selbst erschienen bin in M., ueber eine ganze Anzahl von Grenzen hinweg/

und bist du denn schon einmal nach Sonnenuntergang, in einem Ort wie Neum auf der Strecke geblieben, die steile Strasse heruntergetrabt auf ein unsichtbares Meer zu, und, nur um eben dieses zu sehen, das du sicher hier wuesstest, immer naeher gekommen, wieder und wieder gestreift von Musiklaerm und Scheinwerferlicht, und, eingehuellt von Schwaden vom Holzkohlengrill, ueber den hellerleuchteten Autoparkplatz ueber knirschendnm Schotter gestiegen, dann muesstest du wissen, wie einen der Schwindel ueberkommt, wenn du noch immer nicht den Grund erreicht hast, denn tiefer als das Meer kann doch nichts sein, ob da ueberhaupt noch irgendetwas ist, und dann doch, zentimeterweise, in die Finsternis hinuntergetaucht bist, ueber rutschigen Kiesel, um dann, am leicht schaukelnden Boot, im Mondschein die glatte Oberflaeche auszumachen, die lautlos den von Hotelstraenden umgebenen Platz erfuellt und die Bucht bis zur Landzunge hinueber, die schon Kroatien gehoert,
denn nur diese paar Kilometer bosnischer Adriakueste haben mich heute haben wollen,
immerhin.

Stari Most, Bruecke zu Mostar

Medjugorje, Kreuzberg

Neum, Bosnien

Neum

Dubrovnik

Montag, 27. August 2007

For Janek

Wahrscheinlicher aber ist, weil er laengst beschlossen hatte, Czernovitz zur Prachtstadt auzubauen, zu letzten Bastion des zivilisierten Europa, zur Kaiserstadt, zu einer Stadt mit Theaten und Konzertsaelen und einer Oper und Wiener Kaffeehaeusern und deutschen Schulen und eine deutschen Universitaet, deren Bauplan schon vorlag. Was hatte der Kaiser nicht alles getan, um diesen Analphabeten die deutsche Sprache beizubringen. Und stimmte es etwa nicht, dass Oesterreich am Pruth die Russen und die Tuerken aufgehalten hatte, ehe diese Horden Europa ueberfallen konnten, Frauen schaendeten, Maennern die Schwaenze abschnitten, Fensterscheiben zerschlugen und Strassenlaternen, ehe sie alles bepinkelten und zerrissen, was der Kaiser im Namen Gottes und Jesus Christus zu einem Reich zusammengebastelt hatte, das sich Europa nannte. Denn Europa lag in Oesterreich. Oesterreich war das Herz. Oesterreich war auch ein Bollwerk gegen Unsittlichkeit, gegen Aberglauben und Hexerei. Und Czernovitz war der Arsch Europas, die letzte Festung seiner Kaiserlichen Majestaet. Von den Ueberresten der Burg von Caecina am linken Pruthufer konnte der Kaiser bis Asien blicken. Hinter Czernovitz fing der russische Winter an, dort lauerten riesige Schneestuerme, asiatische Steppen, Cholera, Typhus, Laeuse, die Pest, Kosaken und wer weiss was noch.

Edgar Hilsenrath, Jossel Wassermanns Heimkehr

Samstag, 25. August 2007

Fuer Gefestigte

Und so muesste die Theorie der Fraglichkeit aussehen, nach einem ganzen Tag im Stadtpark, lesend und schreibend, nach einem langen Frühstück mit dem Regens des Priesterseminars von Sarajevo, in dem ich wie ein König residiere, wie eine Antwort, warum ich nicht als Priester erkenntlich bin und dermaßen willkürlich reise :
  • sie muesste an mehreren Bibelabschnitten entzuendet werden
  • und ontologisch verortet
  • und sodann, das waere die Hauptsache, an Erscheinungen des heutigen Lebens dargestellt werden und somit erwiesen - und daraus ergaeben sich die Schwierigkeiten, sowohl zwischen den Erscheinungen und den Bedeutungen, zwischen Fakten und Sinn zu unterscheiden, wie zugleich diese Unterscheidung selbst wieder fraglich zu machen, wie sich das fuer eine einigermassen ordentliche Theorie der Fraglichkeit gehoeren wuerde.
Und all das wuerde mit der Tatsache, dass ich an einem Sommertag in Sarajevo im Kaffeehaus sitze an der Ferhardija, und den vorbeischlendernden Menschen zusehe und ihrer freundlichen Ruhe, und auch von ihnen am Rande wahrgenommen werde wie von dem kleinen Maedchen, das lauernd beobachtet, wie seine Eltern die Speisekarte ueberfliegen und dann doch weitergehen, und mir einen enttaeuschten Blick zuwirft und meine Erwiederung mit einem Laecheln beantwortet, wodurch blitzartig ein Einverstaendnis entstanden ist,
also gar nichts zu tun haben und zugleich ganz damit uebereinstimmen, denn wenn eine Theorie nicht der Wirklichkeit abgeschaut ist, was soll sie dann/

Diese Theorie koennte bei Abraham anheben, der voellig unvermittelt Gottes Stimme hoert, und der Midrasch fuegt immerhin eine Geschichte ein zur Bezeugung seines strikten, nirgendwo ableitbaren Monotheismus, der dem Denken Koenig Nimruts und seiner Zeit doch voellig entgegenstand, und fuer den sein Auftrag jedenfalls ein ploetzlich ueber ihn hereinbrechendes Ereignis ist, dem er sich stellt, obwohl es ganz und gar unabsehbar ist/

Sie wuerde aufweisen, wie fuer ihn immer wieder alles auf der Kippe steht, angefangen beim Aufbruch, bei der Hungersnot in Kanaan, in Aegypten, beim Besuch der Gottesmaenner (deren Existenz zwischen Einheit und Differenz oszilliert), und von da an immer deutlicher gerade die Wahrheit seiner Verheissung, von Sara angezweifelt und eigenmaechtig interpretiert, und, was am Spiel steht fuer ihn und alle Spaeteren, immer weiter auf die Spitze getrieben wird, bis zuletzt, am Moria, ihm selbst mit dem Messer in der Hand die Wahrheit herauszustellen in die Hand gegeben ist:/

wie also, bereits in diesem ersten Durchgang, das ploetzliche Gewahrwerden des Offenen des Abgrunds dessen entschiedene Beantwortung erfordert, und wie das ganze glaeubige Menschenleben als schrittweises Zugehen gerade auf diese Begegnung verstanden werden kann,
mithin als Vorgang der Aussetzung des Menschen an die immer weiter um sich greifende Fraglichkeit der Welt../

Die Eroerterung wuerde fortfahren mit den Etappen der Wahrnehmung steigender Fraglichkeit des Volkes der Hebraeer, die in dem Gastland von Bevorzugten zu Slkaven werden und nach und nach dazu gezwungen werden, Stellung zu nehmen in ihrem Stolz und Selbstverstaendnis als Glaeubige, und noch deutlicher im Geschick des Mose, dessen blosse Existenz von Anfang an auf der Kippe steht (welch hervorragende Metapher fuer die Fraglichkeit/das auch Nichtseinkoennen des Seienden) und sich bald in den Zwiespalt zwischen dem koeniglichen Adoptivsohn und der Verwandtschaft mit Sklaven, spaeter in den zwischen einem freien Wuestensohn und den Wirrnissen in Aegypten, und zuletzt noch viel staerker in den zwischen der Wahrheit seines Auftrags und der voelligen Widrigkeit seiner gesamten Wuestenumgebung und deren Deutung durch seine Bezugsgroesse, des gerade auserwaehlten Volkes verwandelt,
eine Zwiespaeltigkeit, die solcherart den Gottesglaeubigen ueberhaupt, und besonders ihren Propheten als zutiefst zueigen nachhaltig bezeugt waere./

Es waere in der Folge ein leichtes, an weiteren biblischen Zeugnissen die Theorie der Fraglichkeit weiter auszubreiten und sie nicht nur in der Fraglichkeit der eigenen Existenz des Glaeubigen, seines Angesprochenseins durch Gott und der Wahrheit des goettlichen Wortes darzustellen,
sondern sie etwa in der Frage nach der Vernunft von Sinn bei Hiob
oder auch in der Frage nach der Moeglichkeit von Gebet und Lobpreis Gottes am Psalm 145 weiter zu veraesteln und spaeter wieder zu systematisieren./

Am Christusereignis des NT wuerden sich alle Spielarten der sich am Glaubensweg immer weiterentfaltenden Fraglichkeit in den Erfahrungen der Aposteln wieder finden lassen, die ihr Zuhause und ihren alten Glauben zuruecklassen und mit Jesus einen neuen Weg betreten, der sie alle Sicherheiten und Vorverstaendnisse kosten wird bis dorthin, wo er selbst ihnen genommen wird und darauf, als sie im Zustand aeusserster Irritation, auf der Kippe schlechthin, beginnen wollten, aufzugeben und sich abzufinden,/
wiedergeschenkt wird als derselbe und ein Anderer, sodass ihnen sozusagen Hoeren und Sehen vergeht und erneuert wird als eine neue Taufe ein fuer allemal./

Solches liegt uns in der Wiege, und wen sollte wundern, wie Paulus zu ringen hat um Sinn und Logik von Wort, Gesetz und Auftrag, um Glauben fuer alle und fuer einzelne, und wie spaeter die Theologen kaempfen um den Sinn dieses Weges der Fraglichkeit in der griechisch/philosophischen Welt/
wie dabei in gaenzlich unerwarteter Steigerung zuerst die Person Christi selbst fraglich wird, sodann der Geist und schliesslich die Einheit und Freiheit Gottes selbst, und schliesslich gar seine Bezeugung durch heilige Bilder und seine Verehrung durch ein geeintes Volk./

Von den Volksmissionen bis zu den Kreuzzuegen und den Wirrnissen der beginnenden Neuzeit, und erst recht von den tiefen Spaltungen in der Kirche selbst fuehrte der Aufweis der sich vertiefenden Fraglichkeit bis zur Vollendung der Entfremdung zwischen einem gottgemaessen Leben und der Selbstgewissheit einer aufgeklaerten Welt geradewegs in die heutigen Fragestellungen, wie denn ueberhaupt Gott sein koenne angesichts einer auch ohne ihn bestens orientierten Welt./

Somit haette sich im 1. Abschnitt der Theorie die Beweislast umgekehrt, und Welt und moderne Wissenschaft wuerden durchsichtiger werden in ihren Anstrengungen um Unfraglichkeit, also um Gewissheit und Evidenz,
      die bei Descartes erstaunliche selbstmaechtiger Selbstsetzung des Cogito anhuebe,
        sich in den philosophischen Systemen des 18. und 19. Jhts veraestele
            und in der heutigen weitgehend unreflektierten Selbstgenuegsamkeit wissenschaftlichen Forschens wie auch unter dem Stichwort Demokratie zusammengefassten Art abendlaendischer gesellschaftlicher Verfasstheit verfestigt haetten./
Wollte man nun das Angedeutete ontologisch betrachten, so wuerde die wichtigste Aufgabe in der Darstellung der in sich selbst bestehenden Unfraglichkeit des Grundes liegen, in dessen Mitteilung an das Seiende und dessen Antwort als Teilhabe und Frage nach dem Grund sich schliesslich das ganze nun beschrittene Feld der Fraglichkeit oeffnen wuerde, sodass eben dieser Grund zumal als Seinsgrund wie auch als Erkenntnisgrund auftraete,
wie seinerseits das Seiende zugleich durch seine Existenz darin verankert
und durch seine zunehmende Fraglichkeit davon entfernt wird, wenn man so sagen kann./

Und so wuerde zuletzt das von der Geschichte so teuer erkaufte Andersseinkoennen des Menschen und seiner Welt folgerichtig immer schwanken zwischen der ganz diesseitig verorteten Fraglosigkeit
und dem im eigenen Vollzug stattfindenden Zuruecksinken in ausweglose tiefe Fraglichkeit/

und darum bereitwillig sofort wieder preisgegeben werden,
als koennte man in einem Strom der stetigen Steigerung und Entfaltung des Immer-Selben leben wie die am Ferhardija-Boulevard defilierenden modernen Menschen,
als gaebe es die vielleicht von Minen verunstalteten Menschen nicht,
die dann und wann an unseren Tischen erscheinen und ihren Anteil wollen am Selben,
all dies gerade in der Mitte zwischen dem grossen Park mit seinen Grabmaelern und dem gelben Gras
und der B., die von den Osmanen hinterlassen wurde
wie der nur halb vollzogene Glaube, der diese Menschen von ihren Nachbarn unterscheidet,
sodass sie sich seit wenigen Jahrzehnten als Nation bezeichnen
und uns erst richtig fremd geworden sind,/

obgleich sie derart natuerlich und unaufgeregt durch den Samstagnachmittag schlendern und einander ungekuenstelt studentisch begruessen mit Wangenkuesschen,
an Buecherverkaufsstaenden am Marktplatz,
die doch damals, als Krieg war und 3 Jahre lang taeglich Feuer und Salven waren in der Stadt,
als Schulkinder sich morgens von der Mutter verabschiedet haben,
als wuerden sie einander niemals lebend wiedersehen,
tagtaeglich,
als sie nur Wasser holen gingen ins naechste Stadtviertel:
auf der Kippe also/

und fremd schon waren als Bogumilen, die in keiner Kirche Heimat hatten finden koennen und so dem Islam erst richtig ausgeliefert waren, als die Osmanen kamen,
und heute muehen sich die Mullahs um sie,
und auch die, scheints, grossteils vergeblich./

Natuerlich handelt es sich dabei nur um die Theorie einer Theorie,
aber das wird jeder bemerkt haben/

Sarajevo

wenn das keine Stadt des Todes ist
und des Lebens gleichermassen

der Regens hat von Selbsterziehung gesprochen:
wir koennen ihnen nicht helfen, ohne Probleme zu leben
aber sie sollen lernen, mit Problemen zu leben
offen und stets weiter lernen

das ist wie der Eingang zu einer Theorie der Fraglichkeit
also auch hier/

bei Milo Dor lese ich, ueber wieviele Kippen die Geschichte gelaufen ist
und wie ueberall es auch haette anders kommen koennen
dass zuletzt der Thronfolger und seine Gemahlin aufgebahrt im Zimmer des Rathauses zu liegen kommen
und dass schliesslich das Abendland daran unterging/

bei Dzevad Karahasan lese ich, wie ein Freund dem andern zusieht
beim Bau der Artilleriestellungen
auf den Huegeln um die Stadt
wozu das gut sei?
Manoever oder sowas
(die Granateneinschlaege sind auch heute noch zu sehen)

als haette die Geschichte gerade das wollen
und sich mutwillig ueber alle Unwahrscheinlichkeiten hinweggesetzt
als haette sie schon laengst ihr eigenes Ende gesucht
als wuerde dieses Ende bereits in ihr wohnen
von allem Anfang/

von der Kippe gesprungen




Sarajevo-Stadtpark

Ende und Anfang

Ein paar Stunden genuegen, Altoesterreich zu finden, denn in den meisten Laendern liebt man Geschichte mehr als bei uns.
Aber die wirklichen Wunder warten in den Seitengassen
  • wie die riesige Synagoge im maurischen Stil
  • durchquere, was du gesehen, am Rueckweg
  • eine offene Hoftuer, ein
Holzkreuz, an der Wand aufgestellt, so wie jenes, das am Opernplatz gestanden sei/

und schon bin ich mitten in der Revolution:
eine Kapelle
Gedaechtnisraum
Dr. Orban erspaeht mich
und ich werde Zeuge der 7 Tage-Revolution des Dezember 1989
hier in Timisoara/

auf Kinderzeichnungen:
Stauenen ueber ploetzliche Menschenmengen auf
sonst bekannten Plaetzen
und zugleich ueber Einzelne:
  • Soldaten
  • Panzer
  • Tote
und dann der Film:
vom Pastor, der nicht versetzt werden wollte
(ein Einzelner)
von den zuerst zoegerlichen Zusammenrottungen
vom ploetzlichen Interesse der Macht
und dann der Alltagsbuerger, die nach und nach
herauskamen
von den Forderungen an das Regime, mit einemmal erwacht und spruchfertig
vom Taktieren der Machthaber und den Aufstaenden in den anderen Staedten/

und mit einem Schlag stehe ich in diesen Vormittagsstunden wieder vor dem Tod:
sie hatten die Erschossenen verbrennen wollen
und die Aufzeichnungen der Krankenhaeuser vernichten
doch die Menschen hielten zu ihren Toten
wir lassen uns den Tod nicht nehmen
so hat der Diktator verloren
halsstarrig bis zuletzt
am Tod ist er zerbrochen



Timisoara, Rumaenien

Freitag, 24. August 2007

Charles Simic

Mein lautloses Gefolge

Niemals wurden wir foermlich bekannt gemacht.
Ich hatte keine Vorstellung von ihrer Zahl.
Sie waren wie ein diskretes Gefolge
Aus heimischen Engeln und Daemonen,
Die ich alle schon frueher getroffen
Und seither fast ganz vergessen hatte.

In gefaehrlichen Zeiten machten sie sich rar.
Wohin verschwanden sie alle?
Fragte ich einmal nachts einen Verbrecher,
der mir ein Messer an die Kehle hielt,
Aer auch er war eine Spukgestalt
Und liess mich wortlos gehen.


Es war verwirrend, richtig erschreckend,
Ans eigene Alleinsein erinnert zu werden,
So wie man ein Kinderbuch oeffnet -
Weil man nichts Besseres zu tun hat - und darin liest, dass die Sterne
Es sich leisten koennen, fuer eine Reise zu uns
Auf einem Lichtschimmer Jahrhunderte zu vergeuden.

Donnerstag, 23. August 2007

Novi Sad

ein kleines Las Vegas
was in den anderen Balkanstaedten
Advokaten, Apotheken und Dentisten
sind hier Casinos und Automatenhallen/

die Frauen haben Figuren wie
Fotomodelle
(sogar die Bettlerinnen mit den Kindern
sind jung und schoen)
eine hat mich ans Kinn gefasst
mit zarten Bewegungen und
gewinnendem Laecheln
(aber fuers Messer
habe ich noch einen andern gebraucht)/

staubige breite Boulevards
und am Stadtrand, wo ich wohne
eine riesige Muellhalde
mit dunkelhaeutigen Kindern
und Pferdefuhrwerken/

in der Festung
Petrovaradin
fuehle ich mich auf
festem Boden
oberhalb der Stadt
und der Donau
mit meinem neuen Freund
Eugen S./

damit ich nicht das
Wichtigste vergesse:
die Eissalons sind HERVORRAGEND

Novi Sad, Serbien

Eugen S.
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ferne

Sobald sich aber einer dem Herrn zuwendet, wird die Hülle entfernt. Der Herr aber ist der Geist, und wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit.

2 Kor 16f

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